Sammlung Werner Schlegel, NS Fotografie
Bei der NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei) handelte es sich um eine der zahlreichen nach dem Ersten Weltkrieg in Deutschland entstandenen rechtsradikalen Kleinparteien und Wehrverbände. Ein in Nachahmung auf Mussolinis „Marsch auf Rom“ am 8. und 9. November 1923 in München unternommener Putschversuch scheiterte kläglich und die Partei wurde für kurze Zeit verboten. Dieser Rückschlag war jedoch nur von kurzer Dauer, denn im Gegensatz zu ihren Gleichgesinnten und Konkurrenten innerhalb des völkischen Lagers gelang es der NSDAP sich auf Dauer zu etablieren, selbst wenn ihr Aufstieg zu überregionaler Bedeutung erst infolge der Weltwirtschaftskrise 1929 begann. Die NSDAP wurde nun zur Massenpartei. Bei den Reichstagswahlen im September 1930 erreichte die Partei hinter der SPD mit 18,3 Prozent den zweiten Rang (zwei Jahre zuvor waren es noch 2,6 Prozent gewesen) und im Juli 1932 wurde die NSDAP mit 37,3 Prozent der abgegebenen Stimmen erstmals stärkste Kraft im deutschen Reichstag. Am 30. Jänner 1933 ernannte Reichspräsident Paul von Hindenburg Adolf Hitler, den „Führer“ der NSDAP, schließlich zum Reichskanzler.
Hitler und seine Gefolgsleute begannen nun systematisch ihre Machtposition auszubauen und eine faschistische Diktatur zu errichten. Andere Parteien wurden verboten. Vor allem die Funktionäre und Sympathisanten von KPD und SPD wurden schikaniert, in die neu errichteten Konzentrationslager verschleppt und vielfach ermordet. Nach dem Tod Hindenburgs im August 1934 vereinte Hitler die Ämter des Reichskanzlers und Reichspräsidenten in seiner Person. Bereits zuvor war die innere Opposition in der SA mit brutalster Gewalt zerschlagen worden. Schritt für Schritt verwandelte sich Deutschland in eine totalitäre Diktatur auf Kriegskurs. Die Rückgängigmachung des Versailler Vertrags, so der Name des Friedensvertrags zwischen den Entente-Mächten und Deutschland von 1919, war von Beginn an eine der zugkräftigsten Themen der NSDAP. Die Nationalsozialisten gaben sich jedoch nicht mit der Aufhebung der Bestimmungen von Versailles zufrieden – Remilitarisierung des Rheinlandes, Wiedereingliederung des Saarlandes, Aufrüstung –, sondern strebten nach Expansion und Hegemonie in Europa. 1938 wurden Österreich und das bis dahin tschechoslowakische Sudetenland angegliedert, 1939 folgten die „Resttschechei“ und das Memelland, bevor unter einem fadenscheinigen Vorwand am 1. September 1939 Polen angegriffen wurde. Dies war der Beginn des Zweiten Weltkrieges.
Die deutsche Wehrmacht eroberte zwischen dem 1. September 1939 und Sommeranfang 1941 weite Teile Europas, lediglich Großbritannien verblieb als Gegner. Nach dem Überfall auf die Sowjetunion im Juni 1941 und dem Angriff der Japaner auf Pearl Harbor im Dezember desselben Jahres bildete sich jedoch eine Anti-Hitler-Koalition angeführt von den Vereinigten Staaten, der UdSSR und Großbritannien, der es bis 1945 gelang, das Deutsche Reich, Japan und deren Verbündete niederzuringen. Adolf Hitler entzog sich seiner Verantwortung am 30. April 1945 durch Selbstmord. Deutschland, Österreich und ganz Europa lagen in Schutt und Asche, mehr als 60 Millionen Menschen hatten ihr Leben gelassen, weitere zig Millionen Menschen, darunter zwölf bis vierzehn Millionen Deutsche wurden vertrieben und mussten ihre Heimat verlassen.
Unmittelbar nach der Machtergreifung 1933 hatten die Nationalsozialisten die ersten Konzentrationslager errichtet, in denen sie politische Gegner und später dann vor allem Jüdinnen und Juden einsperrten, quälten und ermordeten. Am Ende des Krieges umfasste das deutsche Lagersystem rund 40.000 Einrichtungen, von denen das im deutsch besetzten Generalgouvernement in Polen eingerichtete Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau wohl das bekannteste ist. Neben Juden und politischen Häftlingen wurden in den nationalsozialistischen Lagern unter anderem auch Roma, sogenannte „Asoziale“ – gesellschaftlich auffällige Personen –, Zeugen Jehovas, homosexuelle Männer und Kriegsgefangene inhaftiert. Insgesamt fielen dem NS-Rassenwahn beinahe 20 Millionen Menschen zum Opfer, wobei die Opfergruppen der Juden (rund 6,3 Millionen), der sowjetischen Zivilisten und Kriegsgefangene (rund 10 Millionen), der Polen (zirka 1,8 Millionen), der Roma (250.000) sowie der Opfer der NS-Euthanasie (250.000) die zahlenmäßig bedeutendsten sind.
In Deutschland und Österreich wurden nach dem Untergang des „Dritten Reichs“ die NSDAP, ihre Teilorganisationen (etwa die SS oder die SA), die Nutzung bestimmter NS-Symbole und -Abzeichen sowie die Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts unter Strafe gestellt. Ein kleiner Teil der hauptverantwortlichen Nationalsozialisten wurde nach Kriegsende seiner gerechten Strafe zugeführt, die meisten NS-Verbrecher kamen jedoch glimpflich davon, nicht wenigen gelang sogar die Rückkehr in hohe Ämter und Funktionen.
Die Sammlung Werner Schlegel entstand während der ersten drei Jahre der nationalsozialistischen Herrschaft in Österreich. Werner Schlegel wurde 1908 in Bregenz geboren, begann eine Fotografenlehre im Bregenzer Fotohaus Risch-Lau und wechselte später als Kompagnon in das Fotogeschäft Immler. Schon früh identifizierte sich Schlegel mit dem Nationalsozialismus. 1933 trat er der damals in Österreich illegalen NSDAP bei und wurde Mitglied der SA. Der „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 bedeutete für ihn den Beginn eines beruflichen Aufstiegs. Er begleitete als einer von mehreren offiziellen Parteifotografen NS-Größen wie Baldur von Schirach, Wilhelm Frick, Robert Ley, Franz Hofer oder Arthur Seyß-Inquart bei deren Vorarlbergbesuchen und dokumentierte zudem zahlreiche Massenveranstaltungen des Regimes in Vorarlberg. Seine Fotografien fanden wiederholt in der NS-Presse Verwendung. Am 1. November 1941 wurde Schlegel zur Wehrmacht eingezogen. Er fiel am 10. Jänner 1945 an der Ostfront in der Nähe der ostslowakischen Stadt Košice. Werner Schlegels Werk besteht allerdings nicht nur aus Propagandafotos, sondern umfasst außerdem zahlreiche touristische Werbefotos, aber auch Aktfotos, die so gar nicht in das heteronormative NS-Klischee hineinpassen. Nichtsdestotrotz handelte es sich bei Schlegel zuallererst um einen Propagandafotografen, der im klassischen Stile der NS-Fotografie Einzelakteure und Menschenmassen in Szene setzte.
Weiterführende Informationen
Literatur Nationalsozialismus allgemein
- Götz Aly, Europa gegen die Juden – 1880-1945, Frankfurt a.M. 2017.
- Wolfgang Benz / Hans Buchheim / Hans Mommsen (Hrsg.), Der Nationalsozialismus. Studien zur Ideologie und Herrschaft, Frankfurt am Main 1995.
- Ulrich Herbert, Das Dritte Reich – Geschichte einer Diktatur, München 2016.
- Ulrich Herbert, Wer waren die Nationalsozialisten?, München 2021.
- Susan Neiman, Von den Deutschen lernen – wie Gesellschaften mit dem Bösen in ihrer Geschichte umgehen können, München 2020.
- Ernst Piper, Kurze Geschichte des Nationalsozialismus. Von 1919 bis heute, Hamburg 2007.
- Oliver Rathkolb, Fiktion „Opfer“ Österreich und die langen Schatten des Nationalsozialismus und der Dollfuß-Diktatur, Innsbruck / Wien / Bozen 2017.
- Hans-Ulrich Wehler, Der Nationalsozialismus. Bewegung, Führerschaft, Verbrechen 1919-1945, München 2009.
- Michael Wildt, Geschichte des Nationalsozialismus, Göttingen 2008.
Literatur Nationalsozialismus und Vorarlberg
- Werner Bundschuh (Hrsg.), Menschenverächter. Vorarlberger als Akteure bei Entrechtung und Vernichtung im Nationalsozialismus, Bregenz 2022.
- Michael Kasper, Das Montafon unterm Hakenkreuz, Innsbruck 2023.
- Gernot Kiermayr, Warum musste Oswald Schwendinger sterben? Die Verfolgung der „Gemeinschaftsfremden“ in Vorarlberg im Nationalsozialismus, Bregenz 2023.
- Meinrad Pichler, Nationalsozialismus in Vorarlberg. Opfer – Täter – Gegner, Innsbruck 2012.
- Margarethe Ruff, „Um ihre Jugend betrogen“. Ukrainische Zwangsarbeiter/innen in Vorarlberg 1942-1945, Bregenz 1996.
- Wolfgang Weber / Kurt Bereuter / Andreas Hammerer (Hrsg.), Nationalsozialismus im Bregenzerwald unter Berücksichtigung der NS-“Euthanasie“ im Bregenzerwald, Alberschwende 2008.
Literatur Nationalsozialismus und Vorarlberg
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