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Betonporsche : Kultur oder Volksbelustigung?

Veröffentlicht am 29.10.2022 von Mag. Thomas Feurstein

Diese Frage stellte man sich in den Vorarlberger Nachrichten am 8.11.1971: „War das eine Hetz – so lautete ein Großteil der Kommentare zur Vernissage zur Ausstellung Gottfried Bechtold in der Bregenzer Galerie Krinzinger (Deuringstraße 7). Aber, aber entrüstet sich der Kunstfreund: wie kann denn eine Vernissage eine Hetz sein. Sie kann, und wer es nicht glaubt, hätte eben am vergangenen Freitag in der Deuringstraße zu Gast sein sollen.“

Am 6. November fand die Vernissage einer Gottfried-Bechtold-Ausstellung in Bregenz statt. Ein Riesen-Kran hob das Haupt-Exponat, einen 14 Tonnen schweren Beton-Porsche auf einen Parkplatz bei der Einmündung der Deuring-Straße in den Leutbühel. Diesen Platz habe man damals der Behörde nur unter größten Schwierigkeiten „abluchsen“ können.
Der Platz sei hell ausgeleuchtet gewesen, um dem anwesenden Fernsehteam und den zahlreichen Fotografen die Arbeit zu erleichtern. Es habe sich eine Menschenmenge angesammelt, wie sie an diesem Platz seit dem Abbruch der Leutbühel-Häuser nicht mehr zu sehen gewesen sei. Die Anwesenheit von „Prominenz und Halb-Prominenz“ ließ darauf schließen, dass etwas besonders geschah.
Gottfried Bechtold (links), geboren am 1. August 1947 in Bregenz und gelernter Steinmetz, habe sich bei der Vernissage im Hintergrund gehalten. Die wichtigsten Reden haben Ursula Krinzinger, später eine der wohl wichtigsten international tätigen österreichischen Galeristinnen, sowie Pater Kolumban Spahr aus der Mehrerau gehalten, dessen Schlussfolgerung lautete: „Nicht stehenbleiben, Gottfried Bechtold, sondern den Fortschritt suchen“
Angesprochen auf die Tatsache, dass auch ein Handwerker einen Abguss eines Porsches herstellen könnte, antwortete Bechtold: „Es kommt letztlich in der Kunst nicht auf das Abbild sondern auf die Idee und ihr Wollen an. Das was sich heute auch bei uns als Kunst ausgibt, bringt keine neuen Ideen, ist nur Zugeständnis an die Konsumgesellschaft.“
Auf dem Parkdeck-Süd der Universität Konstanz steht seit 1974 scheinbar unverrückbar ein Betonporsche von Gottfried Bechtold. Nur teilweise überdacht, hat die Witterung zu einer Patina aus Moos und Flechten geführt. Dies vermittelt den Eindruck, als würde die Natur sich das Parkdeck zurückholen wollen.